Der junge Georg Büchner war erst 23 als er starb und sein Drama Woyzeck blieb daher ein Fragment. Dennoch, bei aller Kürze und fraglicher Szenenabfolge, das Stück ist von einer sozialen Sprengkraft, die immer noch berührt, auch die Jugendlichen. Umso verwunderlicher, dass in Fortbildungen zum Abiturstoff deutlich darauf verwiesen wird, dass Georg Büchner im Unterricht nicht als Revolutionär darzustellen sei. Was der sehr junge, bereits emeritierte Mediziner jedoch bemerkte, war keine Frage der Parteipolitik und Büchner im Unterricht zu behandeln gefährdet auch nicht unsere Gesellschaft. Wenn Schüler und Schülerinnen die Ungeheuerlichkeit dessen emotional nachvollziehen können, was Büchner in den Straßen seiner Jugend im 19. Jahrhundert vorfand, dann ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Fähigkeit zu sozialer Empathie hat weder etwas mit Sozialromantik noch mit Erweckung sozialer Unruhen zu tun, aber junge Menschen durch die Theaterbühne erleben zu lassen, was es bedeutet, als armer Mensch von Vorgesetzten ausgebeutet und von der Wissenschaft würdelos behandelt und ausgenutzt zu werden, das stärkt das demokratische Bewusstsein. Weder Erziehung noch Wissenschaft noch die Politik darf sich über die Würde des einzelnen Menschen stellen, weil Gesellschaften sonst Gefahr laufen, von innen heraus zu zerbrechen. Dass der einfache Soldat Woyzeck, eine historische Figur, im 19. Jahrhundert schwer von seiner prekären Lebenssituationen gedrückt, zusätzlich unter inhumanen medizinischen Experimenten leidend, nicht zuletzt an psychischen Nebenwirkungen seiner verordneten „Erbsendiät“ leidend auch noch zum Mörder wird, das konnten die Abiturienten nach der Vorstellung nun nicht mehr nur auf Verstandesebene nachvollziehen, sondern auch nachempfinden.

Mag die Inszenierung auch bisweilen Ekel erregen und quälen – wie könnte Woyzecks Situation einem sonst wirklich begreiflich werden? Unterstützt durch technisch fein abgestimmte Theaterkniffe durchleiden wir Woyzecks „Dienst am Trog“ mit, die psychotischen Zustände bedrängen uns als Zuschauer durch psychedelisch anmutende Musiksequenzen.

Die Deutschkurse der Abiturienten waren jedenfalls größtenteils begeistert. Zum einen von der Inszenierung des Stückes, der Bühne, welche sie traditionell mit aufbauen, vor allem aber von der schauspielerischen Leistung Rouven Honnefs, der im Nachgespräch sehr offen auf die Fragen der Gruppe einging. Auch am Tag danach lobten die Klassen dessen schauspielerische Ausdrucksstärke und Kondition. Seine unglaubliche Vielseitigkeit in Ausdruck, Intonation und sein Agieren mit den einzigartigen Puppen ließ auch schwierige Passagen des Stückes verständlich werden. Honnefs Stimmgewalt hauchte den Figuren nicht nur Leben ein, sondern verlieh ihnen ihre individuellen Noten. Temporeich verwob er in seinem Spiel die Figuren mit Woyzecks Spiel, sodass kaum noch spürbar war, dass es sich um eine Einmanninszenierung handelte. Rund 180-mal hat Honnef den Woyzeck nun schon gespielt und es ist ihm nicht leid geworden, im Gegenteil, habe er viele Passagen immer wieder verfeinern können. Neben Details zum Stück ist für Schüler und Schülerinnen immer auch interessant, Einblick in den Alltag eines Schauspielers gewinnen zu können.  Fragen bezüglich des Textlernens, der Proben und der Verantwortlichkeiten für die Bühne wurden gestellt und offen beantwortet. Wie immer bei Vorstellungen der Mobilenspiele vom Karlsruher Theaterpädagogen und Regisseur Thorsten Kreilos wurde viel geboten in puncto Bilderwelten, akustischer und spielerischen Einlagen und Finessen. Dank an das gesamte Team um Thorsten Kreilos sowie den Ausstatter und Puppenbauer Marcus Stiefel-Dürr aus Karlsruhe.

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